Erfolgsgeschichte von INEOS in NRW
Interview mit der Geschäftsführung von INEOS in Köln
Sechs von weltweit 194 INEOS-Standorten befinden sich in Nordrhein-Westfalen. Welche Bedeutung kommt ihnen zu?
Dr. Patrick Giefers: Die Standorte in NRW sind ein unverzichtbares Standbein der INEOS-Gruppe. Sie liegen mitten in Europa und sind ein wichtiges Drehkreuz für unsere Aktivitäten weltweit. Mehr als sechs Millionen Tonnen chemische Grundstoffe entstehen hier pro Jahr. Mit INEOS in Köln befindet sich sogar einer der größten Standorte in Nordrhein-Westfalen. Beschäftigte und Auszubildende von anderen Standorten kommen zu uns nach NRW, um hier wertvolle Erfahrungen zu sammeln.
Dr. Axel Göhrt: 2001 hat INEOS den ersten nordrhein-westfälischen Standort in Gladbeck erworben. Bis heute sind fünf weitere dazugekommen: Köln, Herne, Moers, Rheinberg und Marl. Nachhaltige Investitionen in Anlagen, Infrastruktur, unsere hervorragende Aus- und Weiterbildung sowie das moderne und gesunde Arbeitsumfeld stehen für INEOS‘ klares Bekenntnis zum Industriestandort NRW.
Welche wichtigen Investitionsprojekte gab es in den letzten Jahren?
Dr. Göhrt: Da gab es viele: Am Standort Köln haben wir in den vergangenen Jahren zum Beispiel unsere hocheffiziente Gas- und Dampfanlage, eine neue Tankerbrücke und unser neues Verwaltungsgebäude INEOS ONE gebaut. Ein weiteres Meilensteinprojekt ist die Cumol-Anlage von INEOS Phenol am Standort Marl, die sich im Bau befindet. Im Februar 2022 ist die Pipeline für den Cumol-Transport von Marl nach Gladbeck fertig gestellt worden. Ganz wichtig wegen Corona: Im April 2020 hat INEOS mit dem Bau und der Inbetriebnahme einer Anlage zur Herstellung von Desinfektionsmitteln in Herne einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Pandemie geleistet. Für Investitionsprojekte wie diese braucht es verlässliche politische Rahmenbedingungen.
Was waren aus Ihrer Sicht wichtige landespolitische Entwicklungen in den vergangenen Jahren?
Dr. Giefers: Die ehemalige Landesregierung hat seit 2017 ihre Entfesselungsoffensive vorangetrieben. Insbesondere das dritte Entfesselungspaket mit Maßnahmen für vereinfachte Planungen und schnellere Genehmigungsverfahren war ein erster guter Schritt, auch wenn wir noch nicht am Ziel sind. Mit Blick auf den Ausstieg aus der Kohleverstromung waren die Entwicklung und Fortschreibung der Energieversorgungsstrategie NRW in den Jahren 2019 bzw. 2021 und das damit verbundene Bekenntnis zu den energieintensiven Industrien wichtige Signale für die Chemieindustrie in NRW. Ende 2020 wurde zudem die Wasserstoff-Roadmap für Nordrhein-Westfalen vorgestellt, die den Weg zum Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft aufzeigt – für INEOS ganz besonders wichtig, da wir im Bereich Wasserstoff über viel Expertise verfügen.
Wie kann ein solcher Beitrag zum Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in NRW aussehen?
Dr. Göhrt: Über die Tochtergesellschaft INOVYN ist INEOS heute Europas größter Betreiber von Elektrolyseanlagen. Die Elektrolyse ist die entscheidende Technologie für die Herstellung von grünem Wasserstoff. Heute stellt INEOS pro Jahr 400.000 Tonnen Wasserstoff als Nebenprodukt in der chemischen Produktion her. Das Know-how im Bereich Elektrolyse setzen wir künftig am Standort Köln ein: Wir investieren in den Bau und den Betrieb einer 100-Megawatt-Wasserelektrolyse zur Erzeugung von grünem Wasserstoff. Dieser wird am Standort zur Herstellung von Ammoniak genutzt. Insgesamt werden durch die neue Anlage etwa 100.000 Tonnen Treibhausgasemissionen pro Jahr eingespart.
Die Standorte in NRW sind ein unverzichtbares Standbein der INEOS-Gruppe. Sie liegen mitten in Europa und sind ein wichtiges Drehkreuz für unsere Aktivitäten weltweit.
Eine neue Landesregierung hat in NRW jetzt das Ruder in der Hand. Was braucht es für einen erfolgreichen Markthochlauf von Wasserstoff?
Dr. Giefers: Bis 2030 soll in Deutschland eine Elektrolysekapazität von zehn Gigawatt aufgebaut werden – das ist äußerst ambitioniert. Insofern muss jetzt mit aller Kraft eine leistungsfähige Wasserstoffinfrastruktur aufgebaut werden. Bestehende, nicht mehr für den Transport von Erdgas benötigte Rohrfernleitungen können beispielsweise umgewidmet werden, neue Pipelines müssen gebaut werden. Zur Sicherung unserer Wettbewerbsfähigkeit ist es unbedingt erforderlich, dass Strom aus erneuerbaren Energiequellen und treibhausgasarmer Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen angeboten werden. Zudem müssen zukunftsfähige Technologien zur Erzeugung und Nutzung von Wasserstoff gefördert werden. Dazu ist es notwendig, dass Geld von nationalen und europäischen Förderprogrammen sowie aus Wachstumsfonds bereitgestellt wird. Sehr wichtig für die Realisierbarkeit von Wasserstoffprojekten sind realitätsnahe Anforderungen an den Grünstrom. Daher muss das zugrunde liegende Regelwerk, der sogenannte „RED 2 delegated act“, welcher aktuell auf EU-Ebene entwickelt wird, entschärft werden. Schließlich müssen Bürokratie abgebaut und Genehmigungsverfahren erheblich vereinfacht und verkürzt werden. Ziel soll die Halbierung der Genehmigungszeiten sein.
Beschleunigung von Verfahren, Bürokratieabbau, Infrastrukturausbau – das klingt nach einer Herkulesaufgabe.
Dr. Göhrt: Das ist es auch! Aber wir wollen die Erfolgsgeschichte von INEOS in NRW fortschreiben und auch in Zukunft unseren Beitrag zur Transformation hin zu einem treibhausgasneutralen Wirtschaftsmodell leisten. An unseren Standorten im Lande tun wir dies bereits heute – durch die schrittweise Reduzierung unseres CO2-Fußabdrucks, immer effizientere Anlagen, einen möglichst schonenden Einsatz von Ressourcen und durch die Entwicklung innovativer Produkte. Der Weg ist noch lang. Diesen enormen Wandel können weder Unternehmen noch Branchen allein schaffen. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die chemische Industrie wird die Umstellung auf klimaneutrale Produktionsprozesse nur dann erfolgreich meistern können, wenn Unternehmen hierzulande Planungssicherheit haben und verlässliche regulatorische Rahmenbedingungen vorfinden. Die Politik muss genügend Handlungsspielraum lassen. Klimaschutz und Wertschöpfung miteinander zu vereinen, ist und bleibt eine der großen Herausforderungen, der sich die neue Landesregierung in den kommenden Jahren stellen muss. Wir bringen unser Know-how gerne ein und freuen uns auf einen konstruktiven Austausch!
INEOS-Gruppe
194 Standorte
26.000 Beschäftigte
36 Geschäftsbereiche
66.000.000 Tonnen Produktion pro Jahr
61.000.000.000 US-Dollar Umsatz